Fritz-Reuter-Literaturmuseum – Stavenhagen

Fritz Reuter geboren am 7. November 1810 in Stavenhagen, gestorben am 12. Juli 1874 in Eisenach war ein Deutscher Dichter und Schriftsteller in der Niederdeutschen Sprache.

Im Literaturmuseum in Stavenhagen bündelt man die Liebe zur altehrwürdigen Sprache Niederdeutsch und die Geschichte von Fritz Reuter, der eigentlich Heinrich Ludwig Christian Friedrich Reuter mit vollständigem Namen hieß.

Wer denkt, dass im ehemaligen Rathaus der Stadt Stavenhagen verbasen (verstaubte) Geschichte zu sehen ist, und langwielig (langweilige) Geschichten erzählt werden, der irrt. Ein Besuch lohnt sich, denn die Sprache Niederdeutsch, als ein wichtiger Teil der mecklenburgischen Kultur und der hier lebenden Menschen, ist auch noch nach vielen hundert Jahren modern, frech und vor allem unverwechselbar sympathisch.

Heute wird Niederdeutsch wieder an vielen Schulen unterrichtet, z.B. am Demminer Gymnasium, das nur wenige Kilometer von Stavenhagen entfernt liegt. Die 16jährige Demminer Schülerin Jette Bolz ist seit kurzem eine Botschafterin des Niederdeutschen in Mecklenburg-Vorpommern. Unaufdringlich und fast selbstverständlich ist Niederdeutsch wieder ein Teil der fast verschwundenen Kultur Mecklenburg-Vorpommerns geworden.

Viele junge und etablierte Musiker*innen feiern ihre Heimatsprache in ihren Texten. Der freche Unterton und die rauhe Struktur der Sprache machen sie zu einem sympathischen Unikum, das gerade sein Revival erlebt.

Es scheint fast so, als ob nach einer kurzen Verschnaufpause, das Niederdeutsch wieder ein Platz in der Gesellschaft gefunden hat, und ziemlich cool und sexy ist. Ob bei Poetry Slams von Hamburg bis Berlin, oder in Workshops mit Sprachjongleuren und Musiker*innen, Niederdeutsch ist an jeder Ecke zu finden.

Wer die Sprache Niederdeutsch für sich entdecken möchte, der findet sie hier im Fritz-Reuter-Literaturmuseum zwischen gesammelten Meisterwerken, zauberhaften Gedichtbänden und unverwechselbaren Geschichten, aber vor allem in den Texten von Fritz Reuter, und der hier liebevoll festgehaltenen Niederdeutschen Sprachkultur. Ganz genau dort, „wo das Niederdeutsch zu Hause ist“.

Karola Stenschke – Dargun, 25. April 2024

Mediatop Malchin

Ein Radio für Malchin

Seit 20 Jahren ist Malchin on air. Und von Anfang an dabei ist Jan Tessin. Der leidenschaftliche Country-Musiker hatte damals die Idee, einen eigenen Radiosender für die Stadt am Kummerower See zu gründen. Ganz so einfach war das zwar nicht, aber am Ball ist Jan Tessin immer geblieben – und hat es geschafft. Malchin wurde zum Außenstudio des NB-Radiotreffs, einem offenen Hörfunkkanal der Landesmedienanstalt MV. Im Gebäude der alten Stadtmühle, in dem auch Museum und Stadtarchiv untergebracht sind, hat das Studio seit jeher seinen Platz. Die Dielen knarzen, das Haus ist alt. Trotzdem verbirgt sich hier ein moderner Sendeplatz, an dem regelmäßig produziert wird. Seit 2008 hat das Studio auch eine eigene Radiofrequenz: Unter 98,7 kann man die Sendungen in Malchin und Umgebung hören. In den Jahren davor war Tessin erfinderisch, hat CDs mit den Radioinhalten gebrannt und sie dann zum Senden nach Neubrandenburg geschickt. Aktuell gibt es sechs verschiedene Sendeangebote aus der Region, gestaltet von Bürgerinnen und Bürgern, darunter zwei Musiksendungen, eine christliche und eine niederdeutsche Sendung. Auch der T30-Podcast mit dem Demminer Bürgermeister wird über die Frequenz gesendet.

Aber nicht nur Erwachsene, vor allem auch Kinder und Schüler dürfen mit Jan Tessin medientechnisch aktiv werden. Schon mit den Kleinsten im Kindergarten gibt es Projekte, dazu kommen die Schulen, mit denen es Kooperationen gibt. Als Mediatop ist der Ort ein Medienkompetenzzentrum der Medienanstalt MV. In der ganzen Region ist Jan Tessin dafür unterwegs, unterstützt Schulen bei Medienprojekten, bietet AGs im Kinder- und Jugendtreff an. So entstehen z. B. Kita-Trailer zu Halloween, eine Radioandacht zu Erntedank oder Teilnehmerbeiträge für den Landesmedienpreis. Mit der Malchiner Siegfried-Marcus-Schule gibt es ein Projekt der 5.- bis 10. Klassen zur Spurensuche nach der Stadtgeschichte. Die Themenpalette ist vielfältig und richtet sich stark nach den Wünschen und Ideen der Menschen vor Ort. Mit seiner lockeren und unkomplizierten Art kommt Jan Tessin an, hat einen Draht zu den Kids, die wohl schätzen, dass er kein Lehrer ist, eher ein Kumpeltyp. Aber auch der hat Ansprüche an seine Arbeit. „In den neuen Medien sind die Schüler fit, da machen wir ihnen nichts vor. Aber was die klassischen Elemente angeht, sozusagen das Fundament der Mediennutzung, das fehlt bei vielen.“

Und so sind es vor allem Dinge wie Recherchetechniken, die Nutzung des Internets z. B. bei der Suche nach Kontakten zum Bürgermeister, und eben die Erstellung von Radiobeiträgen, inklusive Planung, Umsetzung und Verbreitung, die für Jan Tessin seit 20 Jahren den Alltag bestimmen. Wenn es nach dem 47-Jährigen geht, kann es auch die nächsten 20 Jahre so weitergehen. Dass er für diese Arbeit brennt, muss er nicht erklären – man merkt es sofort.

Foto & Text: Manuela Heberer

Klosterladen

Seit fast zehn Jahren betreibt Jürgen Hartwig mit seiner Frau einen Klosterladen im ehemaligen Kornspeicher der Kloster- und Schlossanlage in Dargun. Auch kulinarische Klosterführungen in Mönchskutte bietet er an. Unter dem Namen „Darguner Klostervogt“ hat Hartwig eine Menge regionaler Spezialitäten entwickelt. Tatsächlich soll es im 13. Jahrhundert einen Klostervogt namens Hartwig unter den Darguner Zisterziensern gegeben haben. Eine Grabplatte in der Pfarrkirche zeuge davon, dass dieser am 11. September 1390 ermordet worden sei. Irgendwann, so Hartwig, möchte er gerne einen Abdruck davon auch bei sich aufstellen. Den Markennamen hat er sich jedenfalls schon sichern lassen, die Urkunde dazu hängt im Gewölbe des Klosterladens.

Dort verkauft er verschiedene kulinarische Köstlichkeiten, Schmuck und Kunstwerke von Produzenten aus der Region. Mit 20 regionalen Partnern arbeitet er mittlerweile zusammen. Angefangen hat alles mit einer Praline. Mit einem Schokoladenfachmann aus der Region wurde die Komposition entwickelt. Immer weitere Kreationen kamen hinzu. Der eigene Essig „Darguner Soße“, Brombeerketchup, Liköre, Gelees, Brotaufstriche. „Ich habe immer wieder irgendwelche Grappen in`n Kopp“, sagt Jürgen Hartwig. Für seine Ideen sucht er sich Partner in der Region, die diese nach seinen Vorstellungen umsetzen. Die Produkte verkauft er dann im Klosterladen. Vor drei Jahren begann er auch selbst zu produzieren – nebenan, im ehemaligen Café, steht ein Brennkessel. Hier veredelt er Alkohol zu hauseigenem Gin, Aquavit und anderen Schnäpsen. Die Namen der edlen Tropfen haben seinen Ursprung sämtlich im persönlichen Umfeld oder dem Kloster. So ist der Mirabellengeist nach Schwester Brigitte benannt, die als Nonne verkleidet Führungen im Kloster macht, der Walnussgeist ist nach dem alten Probst benannt, der Gin nach König Olaf, der als Altarfigur die Pfarrkirche ziert.

Alle Gäste des Ladens sind zum Kosten der Produkte eingeladen. „Bei uns gibt es keinen Verkaufszwang, aber einen Verkostungszwang“, sagt Jürgen Hartwig lachend. Oben über dem Laden befindet sich ein kleines Gewölbe, in dem Verkostungsveranstaltungen stattfinden. Aber auch an der Theke darf jederzeit probiert werden. „Ich gehe den Menschen ganz schön auf den Senkel, damit sie mal kosten“, gibt er zu. Viele würden sich sonst gar nicht trauen. Aber wenn er sie anspreche, probierten viele doch und ließen sich dann eben auch von der Qualität überzeugen. Um die 25.000 Besucher habe die Schloss- und Klosteranlage durchschnittlich im Jahr. Ein Teil davon findet auch den Weg in den Klosterladen. Dieser befindet sich in einem Seitenflügel direkt hinter der imposanten Toreinfahrt, auf die eine Allee zuführt und die sich schließlich in die große Freifläche vor dem ehemaligen Schloss öffnet. Im Jahr, 2022, haben die Darguner das 850-jährige Bestehen ihrer Klosteranlage gefeiert. Natürlich hat sich Jürgen Hartwig dafür neue kulinarische Produkte einfallen lassen, die er in seinem Klosterladen anbietet.

Gutshaus Scharpzow

Scharpzow, ein Dorf, ist bekannt für sein Gutshaus – wie könnte es auch anders sein. Im Gutshaus werden moderne Konzepte der Kunstproduktion entwickelt, kritisch hinterfragt und künstlerische Arbeitsbereiche jenseits der Warenwirtschaft getestet. Dies wird besonders relevant, wenn die Kunst immateriell sein darf und kein physisches Endprodukt von materiellem Wert entsteht – beispielsweise wenn Kunst zwischen den Zeilen oder in gemeinsamen Aktivitäten entsteht.

Nina Hollensteiner und Albrecht Pischel lassen auf der historischen Gutshofanlage in Scharpzow einen Ort entstehen, der sich prozesshaft und experimentell der Erforschung von künstlerischen Arbeitsfeldern und der Kulturproduktion im gesellschaftlichen Kontext widmet. Sie richten ihr Augenmerk sowohl auf die Besonderheiten der ländlichen Lage als auch auf deren Rückbindung an städtische Räume. Ausgehend von ihrer Position im ländlichen Mecklenburg schaffen sie durch internationale Vernetzung, Auseinandersetzung und Begegnung besondere Potenziale. Das Programm des Ortes und die Möglichkeiten zur Partizipation passen sich dabei an den Fortschritt der Sanierung der denkmalgeschützten Gutsanlage aus dem 19. Jahrhundert an.

Auf ihrem Anwesen bieten sie außerdem Übernachtungsmöglichkeiten in Glamping-Zelten an. Darüber hinaus veranstalten sie regelmäßig Litfaßsäulen-Lectures/Performances.

Nestwärmehof Leuschentin

Einen treffenderen Namen hätte sich Anke Stegemann für ihren Hof wohl nicht einfallen lassen können: Nestwärmehof. Ein guter Hektar zum Verweilen, Abschalten und Erleben. Hektik ist hier fehl am Platz. Die Bauernhoftiere lassen sich mit genügend Ruhe gut beobachten. Ziegen, Schafe, Hühner – alle laufen entspannt im großen Auslauf umher, schnuppern hier, dösen da. Gerade für Kinder ist der Hof ein echtes Erlebnis. Als Bauernhofpädagogin hat sich Anke Stegemann darauf spezialisiert, es ihnen hier so richtig schön zu machen. Kindergeburtstage, Schulprojekttage oder Familienerlebnisse organisiert sie hier. Auch integrative Angebote für Senioren, Menschen mit Handikap oder soziale Härtefälle. Dafür hat sie eine Zusatzausbildung für tiergestützte Intervention absolviert. Dabei könnte sie längst kürzertreten. Wegen eines schweren Arbeitsunfalls mit Mitte zwanzig konnte sie ihren Beruf in der Landwirtschaft schon früh nicht mehr ausüben. Viele Jahre arbeitete sie danach im sozialpädagogischen Bereich. Beides bringt sie heute auf ihrem Hof zusammen, den sie mit ihrem Mann gemeinsam aufgebaut hat. Nichtstun ist ihre Sache nicht. Soziale Teilhabe ist ihr ein wichtiges Anliegen, wohl auch wegen ihres eigenen Schicksals. Dazu kommen die Themen Regionalität, Infrastruktur, Mobilität – Dinge, die Menschen auf dem Land bewegen. In verschiedenen Arbeitskreisen engagiert sich Anke Stegemann dafür, schreibt Projektanträge, wirbt Fördermittel ein. Der Hof soll Begegnungsort für alle Generationen werden. Es sollen noch mehr Betreuungs- und Entlastungsangebote entstehen. Dafür arbeitet Anke Stegemann mit vielen Sozialträgern und Pflegestützpunkten zusammen, ebenso wie mit der Hochschule Neubrandenburg, dem Sozialwerk Malchin, der Alzheimergesellschaft des Landes MV sowie dem Lernort Bauernhof MV e. V. Auch andere Bildungs- und Kulturprojekte will sie auf ihrem kleinen Hof künftig umsetzen. „Wahrscheinlich werden wir einen gemeinnützigen Verein gründen, um die sozialen Projekte auch finanzieren zu können“, sagt Anke Stegemann. Ihr geht es darum, etwas zu tun, sich aktiv einzubringen. „Genau so funktioniert Demokratie“, davon ist sie überzeugt. „Nur meckern bringt überhaupt gar nichts!“

Moorbauer

Coole Kneipe, alternatives Restaurant, traumhafte Lage waren Assoziationen, die ich für diesen Ort in meinem Kopf hatte. Aber der Reihe nach. Ich bin zum ersten Mal hier. Schon der Weg zum Moorbauern ist ein kleines Abenteuer. Am Steg begrüßt mich Uta Berghöfer. Weit und breit ist nichts zu sehen. Uta telefoniert kurz, dann sagt sie, ein Moorbauer würde uns gleich mit dem Boot abholen. Boot? Erst jetzt wird mir klar, dass es nur diesen Weg gibt – über das Wasser. Leise tuckert der Kahn heran. Uta lädt noch eine Kiste mit Feuerholz hinein. Dann geht es gleich wieder los. Hinsetzen lohnt sich offenbar nicht, sehr wohl aber ein Blick rundherum. Gerade dreht ein Eisvogel eine kleine Runde nur ein paar Meter entfernt. Schräg gegenüber am Ufer legen wir an. Da ist er, der Moorbauer. Seit den 1960er Jahren gibt es diese Traditionsgaststätte, erzählt mir Uta Berghöfer. „Jeder in meiner Generation, der hier aus der Gegend kommt, kann mit dem Namen etwas anfangen oder war selbst schon hier.“ Bis 2011 wurde die Kneipe im weitverzweigten Kanalsystem zwischen Malchiner und Kummerower See von wechselnden Pächtern und Besitzern betrieben. Das ist nicht für jeden was, denke ich. Besucheranstürmen im Sommer stehen raue Zeiten in Herbst und Winter entgegen, hin und wieder ein Hochwasser, das bis in den Gastraum drückt. Am Kamin zeigen Striche, wie hoch das Wasser der Peene in den vergangenen Jahren im Haus gestanden hat. Viel Enthusiasmus ist notwendig, um eine solche Kneipe zu betreiben – und in ihrer ursprünglichen Form zu erhalten.

Vor zehn Jahren entschieden sich Mi Spirandelli, die schon das Gutshaus in Pohnstorf erfolgreich saniert hat, und der aus Malchin stammende Opernsänger Lars Grünwoldt, den Moorbauern vor dem Verfall zu retten. Sie arbeiteten hartnäckig am Erhalt des Ortes und an einem passenden Konzept. Immer im Blick hatten sie die besondere Lage des Hauses mitten im Moor. Irgendwann stieß Uta Berghöfer dazu. Die Landschaftsökologin beschäftigt sich seit mehreren Jahren bereits mit der Frage nach der Verzahnung von Gesellschaft und Naturschutz. Sie begann zu recherchieren, führte Interviews mit Angehörigen ehemaliger Wirte des Moorbauern, forschte im Archiv nach Geschichten aus dem Moor. „Irgendwann entstand zusammen mit Lars die Idee, diese Geschichten in der Landschaft zu erzählen.“ Das Moortheater (https://moortheater.de/index.html ) war geboren. 2015 gab es die erste Aufführung. „Ein Kracher“, wie Uta sagt. 250 Menschen kamen mit Booten zum Moorbauern, um sich das von Schülerinnen und Schülern der Region gespielte Spektakel anzusehen. Ein Teil der Kulissen steht noch heute am Steg vor dem Moorbauern. „Zur Erinnerung“, sagt Uta Berghöfer. Bis heute begleitet sie das Moortheaterprojekt, an wechselnden Orten mit wachsendem Publikum. 2019 wurde sie mit dem Projekt als Neulandgewinner ausgezeichnet.

Seit einer Weile ist Uta Berghöfer auch Moorbäuerin, hat zusammen mit ihrem Mann und mehreren anderen das Haus übernommen. Den ganzen Sommer über wirbeln sie hier. An manchen Tagen sind die Tische draußen durchgehend besetzt. So wollen die Moorbauern den Ort erhalten, an dem man die Schönheit der Moorlandschaft genießen kann. „Wir wollen hier aber auch einen Ort schaffen, an dem wir uns über nachhaltiges Leben und Wirtschaften austauschen und neues ausprobieren können.“ Sozusagen ein Experimentierfeld für die Zukunft von morgen. Ganz oben stehen dabei Gespräche. Denkanstöße geben, Diskussionen anregen – all dies soll von diesem Ort aus passieren. Dabei soll es um positive Antworten gehen. „Viel GEGEN“ gäbe es schon genug. „Wir wollen eher versuchen, die Zukunft an den positiven Aspekten auszurichten, statt immer das Negative in den Fokus zu stellen.“

von Manuela Heberer

Landkombinat e.V.

Seit über 15 Jahren gibt es den Verein auf einem kleinen Hof bei Demmin. Stefan Raabe hatte das Grundstück in der Gemeinde Beggerow 2005 gekauft. Damals war er gerade mal 22 Jahre alt, machte in Demmin eine Ausbildung zum Werkzeugmechaniker. Immobilien auf dem Land waren noch bezahlbar. Die Idee, den Hof gemeinschaftlich zu nutzen, eine Werkstatt aufzubauen und mit anderen zu teilen, waberte da schon in Stefans Kopf. Zusammen mit Nachbarn und Freunden gründete er den Verein. Im Dorf stieß die Idee auf fruchtbaren Boden. Gemeinsame Mittagstische waren ein erster Schritt.

Heute wird auf dem Hof gemeinschaftlich gebaut und repariert, gegärtnert, gemostet und gebildet. In der alten Backsteinscheune auf dem Hof sind Metall- und Holzwerkstatt sowie eine kleine Mosterei untergebracht. Die entsprechende Technik wird von Stefan Raabe akribisch gepflegt und gewartet, manchmal auch selbst gebaut. Seit fünf Jahren findet einmal im Monat das Reparaturcafé statt. Einige Experten stehen anderen helfend zur Seite, wenn diese vorbeikommen, um etwa ihre Nähmaschine, Handydisplay oder Schachcomputer zu reparieren.

Gemeinsam mit anderen Initiativen wurde ein Netzwerk für Bildungsorte in der Region gegründet. Zum einen, um eine Lobby für zukunftsfähige Bildung zu schaffen. „Zum anderen wollen wir aber auch unsere eigene Bildungsarbeit gegenseitig reflektieren und stärken“, sagt die freiberufliche Pädagogin Wibke Seifarth, die ebenfalls auf dem Hof lebt. Sie initiiert verschiedene Bildungsprojekte für Kinder und Jugendliche. Mit der Arbeit auf dem Hof sei das sehr gut vereinbar. Auch dort finden regelmäßig Projekte mit Kindern statt, etwa bei der Obsternte, beim Mosten oder Naschen im weitläufigen Garten. Hier wird mit verschiedenen Methoden des naturnahen Gemüseanbaus experimentiert. Seit drei Jahren versorgt der Hof mit der Ernte etwa zwanzig Haushalte in der Region.

Über das Jahr kommen viele Menschen aus ganz Europa auf den Hof, um hier zeitweise mitzuhelfen, vom Alltag abzuschalten, Neues zu lernen, und Gemeinschaft zu erleben. Auch die Restaurierung der Scheune war nur mit Hilfe Vieler möglich. So organisiert der Verein regelmäßig Workcamps mit dem Internationalen Bauorden, der seit über 60 Jahren soziale und gemeinnützige Einrichtungen durch Bau- und Renovierungsarbeiten unterstützt. Aktuelles Projekt ist ein offenes Backhaus aus Naturbaustoffen und überwiegend recycelten Baumaterialien. Es soll als neuer Gemeinschaftsplatz im Dorf dienen, an dem Austausch und Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft gestärkt und alle mit ökologischen Backwaren versorgt werden.

Atelier 17111 e. V.

So groß wie ein Fußballfeld ist die Backsteinscheune, in der sich das Atelier 17111 befindet; gelegen in Hohenbrünzow, einem kleinen Ort zwischen Demmin und Altentreptow. Ganz am hinteren Ende der Scheune von 1862 führt eine schwarze Metalltreppe hoch auf die Terrasse, von der aus man ins Atelier gelangt. Riesige Fenster lassen reichlich Licht hinein, um hier gemeinsam zu Kochen, zu Malen, zu Töpfern oder Seminare abzuhalten.

2019 haben Friedenand Wäschle, sein jüngerer Bruder Rüdiger und deren Onkel diesen neuen Teil der alten Scheune fertiggestellt, eine Zeitlang darin gewohnt, bis das frühere Gutsverwalterhaus zum Wohnen hergerichtet war. Unter dem Atelier befindet sich die Holzwerkstatt, in der Produktdesigner Friedenand und Tischler Rüdiger ihr Studio für Architektur, Bauplanung, Holzbau, Möbelbau und Produktgestaltung betreiben. Es gibt einen Holzbackofen und eine Töpferwerkstatt. Zwei Drehscheiben zum Töpfern und ein kleiner Brennofen, sowie eine alte Druckerpresse für Linol- und Holzschnitte stehen für kreative Arbeiten zur Verfügung. Auch Unterkünfte sind geplant – für Menschen, die diesen Ort ebenfalls mit Leben und Ideen füllen wollen.

Jedes Jahr im August findet das Workshopfestival „Formfeld“ auf dem Gutsgelände statt. Viele Menschen kommen an dem Ort zusammen, genießen kulturelle Darbietungen und lernen gemeinsam in Workshops. Die Themen reichen von Kunst, Musik und Theater über Architektur bis hin zur Landwirtschaft. Handwerklich und praktisch kommt man in den Austausch miteinander. Dabei sind Lernen und Wissensproduktion nicht hierarchisch organisiert, sondern der Ort wird für die gemeinsame Arbeit, Begegnung und zwischenmenschliche Beziehungen geöffnet.

Platz gibt es dafür genug. 14 Hektar groß ist das Gelände. Dieses war jahrhundertelang im Besitz der Grafen zu Schwerin, im Gutshaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite war zu DDR-Zeiten eine landwirtschaftliche Berufsschule untergebracht. Mittlerweile wird es von der neuen Eigentümerfamilie saniert, die zusammen mit dem Verein Atelier 17111 e. V. dieses ursprünglich zusammengehörende Ensemble als Kultur-Gut Hohenbrünzow mitgestaltet.

Und so ist die riesige Anlage auch eine Art Experimentierfeld für gemeinschaftliches Lernen ohne Hierarchien, handwerkliche Arbeit, alternative Wohnmodelle, nachhaltige Lebensart. Immer wieder sind temporär Menschen auf dem Hof. Viele Menschen, die mit anpacken, braucht das Projekt, an dem man sich auch als Vereins- oder Fördermitglied beteiligen kann.

Kunsthalle Karnitz

Kooperationen und grenzüberschreitende Kunstprojekte bis hin zur Alltagskultur, zur Wissenschaft und zu Themen der großen Umbrüche. Das wird hier erprobt, und die Erfahrungen sind dann die Ressourcen für alle.

Projektplanung, Fördermittel Akquise, Abrechnung – für Events wie z.B. Poetry Slams, Konzerte, Festivals, Residenzen u.v.m.

forma_te e.V.

Der Verein versteht sich als eine Initiative, die über unterschiedliche forma_te einen Mehrwert im ländlichen Lebensraum schaffen möchte. Dabei blickt forma_te in der Gegenwart auf eine Vielzahl von Herausforderungen in Politik, Kultur, Gesellschaft und Wirtschaft, an denen der Verein gemeinnützig mitwirken möchte. Um dieser Arbeit verantwortungsbewusst zu begegnen, folgen sie einem gewissen Selbstverständnis.

Mehr erfahrt ihr auf der Homepage von forma_te.