Gut Wendhof: Ökologischer Landbau in der Mecklenburgischen Schweiz

Kartoffelernte: Perspektive von Traktor auf mobiles FLießband und laufende Kartoffeln

Seit 2004 bewirtschaftet Dr. Sven Grupe seinen Hof als eigenen, konventionellen Landwirtschaftsbetrieb. 2014 stellt er die Flächen auf ökologische Bewirtschaftung nach DE-ÖKO 034 um. Was ihn bewegt hat, was und wie er anbaut, beschreibt er im Interview.

Rahmendaten
– Aussaat
Roggen, Weizen sind im Umfang am stärksten, Lupinen, Linsen, Sojabohnen. Dann Kartoffeln mit 13 Sorten, z.T. Exoten. Beim Gemüse Grün- und Rosenkohl, Porree, Sellerie, Pastinaken, Möhren, Zwiebeln probieren, Kürbisse, Steckrüben, Rote Bete, Schwerpunkt ist Wurzelgemüse im Winter.
– Anfallende Arbeitsstunden
Ein festangestellter plus Aushilfen. Im Moment 5000 Arbeitsstunden/Jahr. Das wird aber in Zukunft nicht ausreichen. Wir werden bei einem wachsenden Gemüseanbau 4 bis 5 Mitarbeiter brauchen.
– Ernte
ca. 400 t Getreide, 80 t Heu, 150 t Kartoffeln, Gemüse unklar
– bewirtschaftete Fläche
210 ha, dv. 22 ha Grünland. In 2023 kommen 50 ha hinzu.

Herr Grupe, warum betreiben Sie ökologischen Landbau?

Das war ein reiner Zufall. Vor 10 Jahren war ich gezwungen meinen landwirtschaftlichen Betrieb aufzugeben. Übrig blieben 6 ha, die ich nach einem Jahr ab 01.10.2014 wieder selber bewirtschaftet habe. Da ich zu dieser Zeit in China war, wurden manche Arbeiten durch unseren Nachbarn ausgeführt, und der ist ein Biobetrieb. Das war der Startschuss.

Ab 2017 kamen weitere Flächen hinzu. Heute gibt es die Gut Wendhof GmbH in 17213 Wendhof mit 85 ha und den Lwb Sven Grupe in 17390 Pamitz mit 125 ha. Beide Betriebe sind heute Bio, Gut Wendhof ist im Bioland Anbauverband wegen der Gemüse Vermarktung.

In 2019 wurden die ersten Kartoffeln angebaut, in 2023 sind 12 ha Kartoffeln und 4-5 ha Gemüse geplant. Das alles läuft noch als Nebenerwerbsbetrieb.

Welche Rahmenbedingungen braucht ihre Art der ökologischen Landwirtschaft?

Verlässlichkeit bei den Flächen. Es ist ein gewaltiger Druck um die Fläche. Die Agrarförderung läuft entgegen der ökologischen Landwirtschaft. Wir sind deshalb auch gezwungen, mehr zu produzieren um dadurch Kostendegressionen mitzunehmen.

Wann und wie sähen Sie aus?

Die ersten Kartoffeln kommen ab 10.03. in die Erde, der letzte Weizen Anfang November. Eigentlich eine lange Zeit. Wir versuchen alles maschinell umzusetzen. Problematisch ist noch das Unkraut. Im Gemüse liegen wir noch zu hoch mit 300 h/ha, im Getreide sind wir bei 4-5 h/ha. Daten werden sehr intensiv erfasst und auch ökonomisch ausgewertet. Daraus ergibt sich ein Gefühl für Produktionsprozesse und Preise/Kosten.

Welche „Pflege“ ist notwendig? Striegeln, Hacken, Handhacke, von Hand Kraut ziehen. Bodenbearbeitung aber auch mit Volldrehpflug 1,80 m breit oder Grubber 4 m, Kreiselegge 3 m Striegeln z.B. 3 ha/h

Wie skalierbar ist diese Art des Anbaus? Gewaltiges Potential, mehr Fläche, bessere Maschinen, lange Arbeitszeiten, wenn es notwendig ist eben auch Nachts durch arbeiten wie Bodenbearbeitung, Aussaat, Striegeln, Ernte. Kosteneffizienz ist ein sehr wichtiger Faktor.

Wie ernten Sie ihre Erzeugnisse? Getreide und Leguminosen mit Mähdrescher, Kartoffeln, z.T. Möhren mit Kartoffelroder, Möhren, Pastinaken, Steckrüben, Rote Bete, Sellerie mit einem Klemmbandroder, Porree, Grün- und Rosenkohl, Kürbisse von Hand.

Wie resilient ist ihre Ernte gegen Schädlinge, aber auch gegen extreme Klimabedingungen? Schädlinge stellen ein großes Problem da und sind von April bis in den Winter ein Thema. Dabei reden wir über Insekten und Larven, Viren, Nematoden, Mäuse, Wildschweine, Rehe. Letztere versuchen wir mit Zäunen draußen zu halten. Gegen Mäuse helfen zum Teil Bodenbearbeitung und Greifvögel. Insekten bekämpfen wir mit Streifenanbau. Wenn nichts mehr geht, zum Beispiel bei Kartoffelkäferbefall spritzen wir zum Teil mit NemAzal. Wir haben gute Erfahrungen gemacht mit Streifeanbau, wie Zwiebeln neben Kohl. Ein Streifen Pharcelia lockt zum Beispiel Insekten an, die andere Insekten fressen.

Was würden Sie Landwirtschaftsbetrieben mitgeben, die auf Bio umstellen möchten? Informationen sammeln, den Mut nicht verlieren und finanzielle Ressourcen zur Verfügung haben. Man sollte sich nicht auf zu viele Kredite stützen und sich um Absatzmärkte kümmern. Ein Plan zu haben ist unerlässlich, eine Strategie, wo man hinwill. Die Strategie bedarf aber immer wieder einem Feintuning und die Landwirte Flexibilität, um die Strategie an Veränderungen anpassen zu können.

Wo kann ich mich regional fortbilden? Eigentlich gibt es keine regionalen Fortbildungsstätten. Es ist ein Lernen und wenn möglich sich auf anderen Betrieben umsehen. Wenn man jung ist helfen eine Ausbildung auf einem Biobetrieb, vielleicht Praktikum im Handel und Küche. Man muss verstehen, was der Endverbraucher will. Er bestimmt schließlich was angebaut wird. Nicht der Produzent. Leider leistet das duale Ausbildungssystem keinen wirklichen Beitrag. Fachschulen, Hochschulen und Universitäten müssten sich spezieller auf den ökologischen Landbau spezialisieren.

Welche Schwierigkeiten hatten/haben Sie persönlich? Eigentlich die ganze Palette: Zeit, Kapital, Wasser, Arbeitskraft und Land. Also eine sehr komplexe Situation. Ich denke, dass man gerade Biobetriebe in verschiedene Kategorien einteilen könnte, Angefangen von denen, die Selbstversorger sein wollen bis hin zu großen Unternehmen, wo Bio ein Label in der Vermarktung wird. Von Idealisten bis hin zu reinen Prämienmitnehmern. Wo würde ich mich einordnen? Nicht klein, nicht groß, irgendwo in der Mitte, aber in einem Fluss. Mein Ziel ist es eine intensive Produktion zu entwickeln, um eine hohe Wertschöpfung zu erreichen. Verarbeitung ist bei mir kein Ziel. Lieber große Mengen an wenige Abnehmer, vielleicht 80 % als Zielgröße. 15 % lokale, regionale Vermarktung, 5 % und weniger ab Hof. So würde ich die Größenordnung für uns in der Vermarktung sehen.

Landwirtschaft ist außerdem sehr kapitalintensiv. Wenn man sich das Geld am Kapitalmarkt holen muss, kommt man doch schnell an seine Grenzen. Es ist genau genommen sehr schwer, sich aus einer Neugründung heraus in einen wirtschaftlichen Betrieb zu entwickeln. Ohne Eigenkapital eigentlich unmöglich.

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