Erneuerbare Energien in MV

Russischer Angriffskrieg, explodierende Preise bei fossilen Brennstoffen und Klimakrise? Höchste Zeit für einen Blick auf erneuerbare Energien und wie sie in der Region der mecklenburgischen Schweiz erfolgreich für mehr Unabhängigkeit im Eigenheim und der Dorfstruktur eingesetzt werden.

Der Ukraine-Konflikt hat uns schmerzhaft bewusst gemacht, wie abhängig wir von (russischen) Gaslieferungen sind, aber auch von volatilen Strommärkten. Kein Wunder, stützt sich die deutsche Energieproduktion doch immer noch hauptsächlich auf fossile Energieträger.

Dass neben der derzeitigen Gas-Krise eine Transformation im Energiesektor auch aufgrund von ökologischen Gesichtspunkten vorangetrieben werden muss, wird dabei gerne vergessen. Bevor weiter unten drei Best Practice Beispiele gezeigt werden, die dezentrale Energieversorgung von Häusern, Dörfern und Kommunen zeigt, gehen wir deshalb noch einmal auf die drei Herausforderungen von fossilen Energieträgern ein.

Kosten fossiler Energien

An Deutschlands Tankstellen wurde sich 2022 millionenfach an die Stirn gefasst. In dem Rekordjahr stiegen die Preise von 1,50€ auf über 2,00€ für fast alle Kraftstoffsorten an.[1] Ähnlich verhält es sich mit den Preisen allen anderen Energieträgern, die aus fossilen Rohstoffen gewonnen werden.

Preise fossile Energieträger. Ein starker Anstieg der Preise durch Klima-Regulierungen und Verknappung durch Krieg ist stark sichtbar
Daten zur Energiepreisentwicklung. 2015 = 100. Quelle Destatis Nov 2022

Das ein Ende dieser Entwicklung nicht abzusehen ist hat drei Gründe. Erstens muss Deutschland fast den gesamten Bedarf an fossilen Energien importieren.[2] Diese Abhängigkeit von außen macht den Preis auch für Krisen wie Kriege, Korruption oder Inflation in anderen Ländern anfällig. Zweitens sind alle fossilen Energieträger endlich und müssen mit immer aufwendigeren Verfahren extrahiert werden.[3] Drittens werden zunehmend die negativen gesundheitlichen und ökologischen Effekte fossiler Rohstoffe mit eingepreist. Zusammengenommen und mit Blick auf die steigende Inflation ist deshalb ein Rückgang der Kosten für fossile Energieträger unwahrscheinlich.

Versorgungssicherheit

Aufgrund des steigenden Ölpreis, werden Tiefseebohrungen und Methoden wie das Fracking profitabel. Hier wird über Tiefbohrungen das Gestein in der Lagerstätte mit hohem Wasserdruck aufgebrochen. Trotz der potenziell gewaltigen Konsequenzen für die Umwelt, werden dadurch fossile Energiequellen erschlossen, die den Weltmarkt für weitere Jahrzehnte versorgen könnte.[4]

Gleichzeitig muss die in den 90er Jahren aufkommende Annahme, dass wir systemische Konflikte wie den Kalten Krieg grundsätzlich überwunden haben, mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine noch einmal deutlich überdacht werden. Die Doktrin „Wandel durch Handel“ und die dadurch resultierende Abhängigkeit Deutschlands von russischen Gaslieferungen hat sich als ein schwerwiegendes Versäumnis erwiesen.

Eine Abhängigkeit Deutschlands von fossilen Rohstoffen bedeutet deshalb auch immer eine Abhängigkeit von Rohstofflieferanten. Wie Russland gezeigt hat, kann diese Abhängigkeit schnell als Waffe gegen die gesamte Bevölkerung eingesetzt werden. Ohne regionale Energie-Alternativen werden wir weiterhin Gefahr laufen, durch internationale Krisen in eine lokale Energiekrise zu stolpern.

Die sozialen und ökologischen Kosten fossiler Energien

Und das Dilemma endet noch nicht beim Abstellen des russischen Gashahns: Reicht es aus, wenn wir einen autokratischen Gaslieferanten durch mehrere Gaslieferanten ersetzen, von denen einige ebenfalls eine fragwürdige Menschenrechtsbilanz aufweisen?

Selbst „demokratisches“ Gas wie aus den USA wird dort unter dem Einsatz von Fracking gefördert, Gas aus den Niederlanden, wegen steigendem Erdbebengefahr, nur gegen den Protest der ansässigen Bevölkerung.[5]

Neben den Kosten fossiler Energieträger für Endverbraucher*innen steigen also auch die Kosten für unsere Umwelt. Die historisch größte menschengemachte Umweltkatastrophe war die Ölpest im Golf von Mexiko 2010, bei der 800 Millionen Liter Rohöl ins Meer gelangt sind.[6] Durch die immer schwierigeren Extraktionsverfahren wird diese Form der menschengemachten Umweltkatastrophen noch wahrscheinlicher. Wahrscheinlicher werden auch extreme Wetterbedingungen, die wiederum ein weiteres Risiko für zum Beispiel Ölplattformen darstellen.

Denn neben den sichtbaren Umwelt- und Naturkatastrophen stellen die steigenden CO²-Emissionen die tickende Zeitbombe für uns und unser Klima dar. Während wir derzeit noch aktiv in den Klimawandel durch Senkung der Emissionen eingreifen können, werden wir beim Überschreiten einer 1,5°C Erwärmung gegenüber dem 19. Jhd. viel stärker reaktiv handeln müssen. Neue Anbaumethoden mit geringeren Erträgen wegen anhaltender Dürrephasen, massiver Ausbau des Hochwasserschutzes und der Umgang mit weiteren Wellen an Klimaflüchtlingen sind einige der zu erwartenden Handlungsbedarfe innerhalb der nächsten zwanzig Jahre, mit extremeren Folgen beim Überschreiten des 1,5°C-Ziels.[7]

Was können wir also kurzfristig in der Region tun, um eine Abhängigkeit von fossilen Energien zu erreichen? Insgesamt gibt es im Privaten drei Bereiche, in denen fossile Energieträger ersetzt werden können: In der Stromversorgung, beim Heizen und bei der Fortbewegung. 

Strom zu Hause: Stromverträge & eigene Stromgewinnung

Ein erster, schneller Schritt, um die Senkung der Emissionen voranzutreiben, ist die Umstellung der Stromversorgung auf grünen Strom. Viele Ökostromanbieter*innen bauen aktiv erneuerbare Energien aus und Sie können mit der Umstellung diesen Ausbau unterstützen. Nur dieser Ausbau verdrängt emissionsreiche Energielieferanten wie Kohle- und Gaskraftwerke. Zu beachten bei der Auswahl der Stromversorger ist, dass dieser den grünen Strom nicht einfach nur im Ausland gekauft hat, sondern ihn in eigenen Anlagen produziert und den Gewinn reinvestiert. Einen Überblick über „echte“ Ökostromanbieter ermöglicht vergleich.org.

Trotzdem können Stromanbieter*innen den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht schnell genug vorantreiben, um eine Energieunabhängigkeit innerhalb der nächsten Jahre zu gewährleisten. Hier kommen Immobilienbesitzer*innen ins Spiel, die durch dezentrale Energiesysteme auf Hausdächern und in Gärten sich selbst absichern und dadurch auch einen Beitrag zur deutschen Energiesicherheit gewährleisten. Von den vielfältigen erneuerbaren Energiequellen, wie Wind, Sonne, Erdwärme, Biomasse oder Wasserkraft ist die wahrscheinlich generell am einfachsten umzusetzende die Sonnenenergie. Die Preise für Solarsysteme und Stromspeicher sind in den letzten Jahren stark gesunken, auch weil sich die Effizienz der Systeme stark erhöht hat. Überschüssiger Strom kann entweder an Nachbarn verkauft werden, oder durch die wieder gestiegene Einspeisevergütung, gewinnbringend in das Netz eingespeist werden. Bei einem angeschlossenen Landwirtschaftsbetrieb sollte außerdem über die Verwendung von Biomasse nachgedacht werden.

Unsere drei Best-Practice Beispiele zeigen wie unterschiedliche erneuerbare Energiequellen bereits in alleinstehenden Häusern, Häusern mit angeschlossenem Betrieb und Dorfgemeinschaften in Mecklenburg-Vorpommern Anwendung finden.

Autark Heizen ohne fossile Energien

Während die Stromversorgung bereits zu einem größeren Anteil auf erneuerbare Energien setzt, wird in Deutschland immer noch hauptsächlich mit fossilen Energien geheizt.

Die derzeit wohl beste Alternative zum fossilen Heizen, sind Wärmepumpen. Genau wie ein Kühlschrank die Kälte der Umgebungstemperatur in den Kühlschrank transportiert, transportiert die Wärmepumpe Wärme aus der Außenluft, dem Grundwasser oder dem Erdreich in das Haus. Kombiniert mit einem Ökostrom-Vertrag läuft die Wärmepumpe also komplett CO²-Neutral.

Dieser Prozess benötigt so weniger Energie zum Heizen, als ein elektrisch betriebener Heizstrahler. Aber Vorsicht! Wenn im Haus mehr Wärme benötigt wird, als die Wärmepumpe gerade liefern kann, schaltet sich in der Regel ein Zusatzheizkörper ein. Dieser erwärmt das Wasser im Heizkreislauf eins zu eins elektrisch: Das ist weniger effizient als das Heizen mit der Wärmepumpe und treibt die Stromkosten erheblich in die Höhe. Die Wärmepumpe sollte daher so geplant werden, dass der Heizstab möglichst selten oder am besten gar nicht eingesetzt wird.

Elektrische Mobilität?
Der Verzicht auf das Auto auf dem mecklenburgischen Land ist immer noch utopisch. Trotzdem gibt es einige Möglichkeiten, auch beim Thema Mobilität Emissionen und Geld zu sparen. Das große Schlagwort hier ist Elektrifizierung. Ein E-Auto ist schließlich nicht den fluktuierenden Kosten fossiler Kraftstoffe unterlegen. Insbesondere bei einer autarken Energieversorgung durch, zum Beispiel Solarenergie, auch nicht den inflationären Strompreisen. Der Traum vom kostenlosen Tanken rückt so in greifbare Nähe.

In naher Zukunft macht diese Kombination sogar noch mehr Sinn, wenn die Batterie des E-Autos auch als smarter Energiespeicher genutzt werden kann. Mit dem sogenannten „bidirektionalen Laden“ wird die Batterie des Fahrzeugs entweder für dafür genutzt, um das Stromnetz bei hoher Nachfrage zu unterstützen, das Haus mit Strom zu versorgen, oder andere Fahrzeuge zu laden. Warum das Sinn macht? Eine typische Hausbatterie hat eine Kapazität von circa 13 kWh, ein durchschnittliches Elektrofahrzeug eine Kapazität von circa 65 kWh. Aufgrund der großen Batteriekapazität kann ein voll aufgeladenes Elektrofahrzeug ein durchschnittliches Haus mehrere Tage lang versorgen und hat nach einer Nacht der Versorgung immer noch mehr als genug Energie um zur Arbeit und zurück zu kommen.

Wer bereits jetzt auf diese junge Technologie setzen möchte, muss sich allerdings mit einer beschränkten Zahl an Fahrzeugen begnügen und in eine bidirektionalen Wallbox investieren.

Quellenverzeichnis

[1] „Benzin- und Dieselpreise seit 1950“. https://www.adac.de/verkehr/tanken-kraftstoff-antrieb/deutschland/kraftstoffpreisentwicklung/

[2] Wilke, „Primärenergiegewinnung und -importe“. https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/primaerenergiegewinnung-importe

[3] Hawkins Kreps, „The Rising Costs of Fossil‐Fuel Extraction“. https://doi.org/10.1111/ajes.12336

[4] „Ölfördermaximum“. In Wikipedia, 11. Oktober 2022. https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=%C3%96lf%C3%B6rdermaximum&oldid=226938655.

[5] tagesschau.de, „Woher Deutschland aktuell und künftig sein Gas bekommt“; Bundesumweltministerium, „Fracking – Risiken für die Umwelt“. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/gaslieferungen-deutschland-101.html.

[6] „Ölpest im Golf von Mexiko 2010“. In Wikipedia, 29. August 2022. https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=%C3%96lpest_im_Golf_von_Mexiko_2010&oldid=225746474#%C3%96kologische_Folgen.

[7] IPCC, 2022, „Summary for Policymakers [H.-O. Pörtner, D.C. Roberts, E.S. Poloczanska, K. Mintenbeck, M. Tignor, A. Alegría, M. Craig, S. Langsdorf, S. Löschke, V. Möller, A. Okem (eds.)]“, 13.

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