Atelier 17111 e. V.

So groß wie ein Fußballfeld ist die Backsteinscheune, in der sich das Atelier 17111 befindet; gelegen in Hohenbrünzow, einem kleinen Ort zwischen Demmin und Altentreptow. Ganz am hinteren Ende der Scheune von 1862 führt eine schwarze Metalltreppe hoch auf die Terrasse, von der aus man ins Atelier gelangt. Riesige Fenster lassen reichlich Licht hinein, um hier gemeinsam zu Kochen, zu Malen, zu Töpfern oder Seminare abzuhalten. 2019 haben Friedenand Wäschle, sein jüngerer Bruder Rüdiger und deren Onkel diesen neuen Teil der alten Scheune fertiggestellt, eine Zeitlang darin gewohnt, bis das frühere Gutsverwalterhaus zum Wohnen hergerichtet war. Unter dem Atelier befindet sich die Holzwerkstatt, in der Produktdesigner Friedenand und Tischler Rüdiger ihr Studio für Architektur, Bauplanung, Holzbau, Möbelbau und Produktgestaltung betreiben. Es gibt einen Holzbackofen und eine Töpferwerkstatt. Zwei Drehscheiben zum Töpfern und ein kleiner Brennofen, sowie eine alte Druckerpresse für Linol- und Holzschnitte stehen für kreative Arbeiten zur Verfügung. Auch Unterkünfte sind geplant – für Menschen, die diesen Ort ebenfalls mit Leben und Ideen füllen wollen.

Jedes Jahr im August findet das Workshopfestival „Formfeld“ auf dem Gutsgelände statt. Viele Menschen kommen an dem Ort zusammen, genießen kulturelle Darbietungen und lernen gemeinsam in Workshops. Die Themen reichen von Kunst, Musik und Theater über Architektur bis hin zur Landwirtschaft. Handwerklich und praktisch kommt man in den Austausch miteinander. Dabei sind Lernen und Wissensproduktion nicht hierarchisch organisiert, sondern der Ort wird für die gemeinsame Arbeit, Begegnung und zwischenmenschliche Beziehungen geöffnet.

Platz gibt es dafür genug. 14 Hektar groß ist das Gelände. Dieses war jahrhundertelang im Besitz der Grafen zu Schwerin, im Gutshaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite war zu DDR-Zeiten eine landwirtschaftliche Berufsschule untergebracht. Mittlerweile wird es von der neuen Eigentümerfamilie saniert, die zusammen mit dem Verein Atelier 17111 e. V. dieses ursprünglich zusammengehörende Ensemble als Kultur-Gut Hohenbrünzow mitgestaltet.

Und so ist die riesige Anlage auch eine Art Experimentierfeld für gemeinschaftliches Lernen ohne Hierarchien, handwerkliche Arbeit, alternative Wohnmodelle, nachhaltige Lebensart. Immer wieder sind temporär Menschen auf dem Hof. Viele Menschen, die mit anpacken, braucht das Projekt, an dem man sich auch als Vereins- oder Fördermitglied beteiligen kann.

Kontakt:

Atelier 17111 e.V.
Hohenbrünzow 25
17111 Hohenmocker

E-Mail: mail@atelier17111.com
https://atelier17111.com/

Wassermühle Roidin

Die Wassermühle ist wie eine Landmarke in der Region. Schon 1488 wurde hier nahe des Kummerower Sees der erste Mühlenbau urkundlich erwähnt, vermutlich existierte ein solcher an diesem Ort schon viel länger. Die heutige Mühle ist wohl um 1736 entstanden. Bis 1959 war sie in Betrieb. „In unserer Kulturlandschaft haben diese Bauwerke eine ganz zentrale Bedeutung. Das können wir uns heute gar nicht mehr richtig vorstellen“, sagt Christian Bauer, Pastor im Pfarramt Hohenmocker. Ihm war es wichtig, das Gebäude zu erhalten, es vor der kompletten Verwahrlosung und Zerstörung zu bewahren. Jahrzehntelang verfiel das Gebäude. Als sich niemand fand, der das Haus retten wollte oder konnte, hat Bauer es privat gekauft. „Ich habe diese Herausforderung nicht gesucht, sie hat sich mir zugetragen.“ Die Alternative wäre gewesen, das Haus verfallen zu lassen, es dem Vandalismus preiszugeben, der in dieser abgeschiedenen Gegend nahezu vorhersehbar ist. Oder einen Abriss hinzunehmen, Interessenten für das Grundstück gab es einige.

Bauer aber wollte die Geschichte des Hauses wiedererwecken, es aus seinem Dornröschenschlaf holen. Stück für Stück räumte er mit freiwilligen Helfern das Grundstück frei, brachte das ursprüngliche Gebäude wieder zum Vorschein – und das Ausmaß des Verfalls. Mithilfe des Denkmalschutzes entstand ein Konzept für die Sanierung, nach und nach auch Ideen für die spätere Nutzung des Hauses. Bauer sieht es nicht als privates Vermögen, sondern als Ort der Gemeinschaft. Er möchte hier eine Herberge einrichten für Menschen, die das Gelände temporär beleben wollen. Schon jetzt finden regelmäßig Workcamps statt, auch Jugendbegegnungen, zudem ist die Mühle Station einer Pilgerroute. Gemeinsam haben sie angepackt, das Grundstück für einen der letzten Pilgersonntage feinzumachen. „Zusammen macht das Spaß. Immer nur alleine hier zu puzzeln wäre schlimm“, sagt Herta Lippold. Sie ist Organistin in der Kirchgemeinde und bewundert den Pastor für sein Engagement. Besonders, wenn es vorwärtsgeht, freut sie sich mit ihm. So wie im vorletzten Sommer, als das Dach der Mühle gedeckt wurde. Manchen Abend sei sie hier vorbeigekommen und hätte gesehen, mit welcher Leidenschaft Christian Bauer beinahe jeden einzelnen Dachstein, historische Biberschwänze, in die Hand nahm. „Jetzt ist es das schönste Dach Vorpommerns“, sagt sie lächelnd. Oft komme sie auch zwischendurch nur einfach mal so an diesen Ort, genieße die Ruhe, schaue, ob Hilfe gebraucht wird. Zu ihrem Bedauern mache der Pastor nicht immer viel Wind, bitte selten um Hilfe, die aber dringend nötig wäre. Vielleicht möchte er die Hilfsbereitschaft nicht überstrapazieren, vielleicht ist er einfach nur bescheiden. Für ihn selbst sei die Entscheidung für die Mühle jedenfalls eine verhängnisvolle, sagt er.

Jahre wird der Wiederaufbau noch dauern. In dem Backsteinstall nebenan sollen demnächst eine Gemeinschaftsküche und Waschräume entstehen. Viele Kisten und Paletten mit Baumaterial stehen auf dem Grundstück, stammen von anderen historischen Gebäuden aus dem Land, für die es keine Verwendung mehr gibt. In Roidin kann man es gut gebrauchen. Meist sind es Schenkungen, auch von Privatleuten. Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, auch für die nächsten Generationen, dieses Haus zu erhalten, ist Christian Bauer überzeugt. Es seien ganz viele Zukunftsthemen, die an diesem Ort zusammenspielen: Natur- und Landschaftsschutz, der Wasserhaushalt, Kulturgeschichte. „Man darf nicht an alles ökonomisch herangehen.“ Das hat auch die Gemeinde erkannt. „Für uns alle hier ist es wichtig, dass dieser Kleinod erhalten bleibt“, sagt Bürgermeisterin Gisela Schönbeck. Und so unterstützt auch die Gemeinde das Projekt, etwa durch eine Kofinanzierung für die Restaurierung des Stallgebäudes hinter der Mühle. Denn auch Christian Bauer weiß genau: Ohne Geld funktioniert das alles hier nicht.

Kontakt:
Wassermühle Roidin
Roidin 1, 17111 Utzedel-Roidin
Tel.: 0162-9023689 (Christian Bauer)

T30 e.V. Demmin

Seit 2018 gibt es den Verein, der sich Projekte in Kultur, Gesellschaft und Bildung in Demmin auf die Fahnen geschrieben hat. Der Name T30 steht übrigens für dessen Anschrift in der Treptower Straße 30. In dieser zentralen Lage versucht der Verein, auf Kunst und Kultur aufmerksam zu machen und gesellschaftliches Engagement zu fördern. Dabei sind der gemeinsame Austausch und die Vernetzung besonders wichtig. So hat das Team um Sarah Dittrich und Hannah Kuke ein Vereinsnetzwerk gegründet, um die Engagierten in Demmin zusammenzubringen. „Immerhin hat die Stadt laut Vereinsregister 70 Vereine“, sagt Hannah Kuke. „Auf die 10.000 Einwohner gerechnet, ist das schon sehr viel.“ Um diese alle sichtbarer zu machen und miteinander ins Gespräch zu kommen, finden regelmäßige Netzwerktreffen mit Weiterbildungsangeboten und Workshops zu verschiedenen Themen rund um das Vereinsleben statt. Aber auch viele andere Projekte hat der T30-Verein (https://www.t30-demmin.de/) schon ins Leben gerufen. Etwa ein Zeitzeugencafé zur Aufarbeitung der bewegten Geschichte der Stadt, insbesondere zum Ende des Zweiten Weltkriegs.
Bereits zweimal zählte der Verein auch zu den Neulandgewinnern (https://neulandgewinner.de/), wurde über das Programm der Robert-Bosch-Stiftung gefördert, um eine Anlaufstelle für ehrenamtliches Engagement in Demmin zu entwickeln und die Bürger für Beteiligungsprozesse und Mitsprachemöglichkeiten zu sensibilisieren. Auch kulturelle Aktivitäten in der Stadt gestaltet der T30 aktiv mit. So wurde der Kulturring Demmin (https://www.kulturring-demmin.de/) als Verbundprojekt des T30 e. V. mit dem Lübecker Speicher Demmin ins Leben gerufen, um die kulturell Aktiven aus Demmin zusammenzubringen, den Austausch zu fördern und Synergien zu nutzen. Neben einem regelmäßigen Kulturstammtisch werden Kunstaktionen organisiert und Künstlerstipendien vergeben. Dadurch wurden bereits mehrere Nicht-Demminer Künstler*innen für einen zweimonatigen Aufenthalt mit künstlerischem Wirken in die Stadt geholt. 2020 war der aus Südkorea stammende Performance-Künstler Minjae Lee in Demmin und hat seine Performance „Leerraum“ im Pavillion im Marienhain aufgebaut. Neun Tage lang füllte er dafür einen raumgroßen durchsichtigen Ballon – mit dem Einzigen, was beweist, dass er als Mensch existiert, dass er lebt: seinem Atem. Für den Künstler eine weitere Auseinandersetzung mit dem Thema Angst.

Ein Jahr später war die Autorin und Poetry Slammerin Theresa Steigleder Artist in Residence in Demmin. Sie ist noch heute mit der Stadt verbunden, gibt Schreibworkshops zum kreativen Schreiben. Auch andere Kreative lockt der T30 mit seiner Arbeit an: Annette Leipold hat neben dem Büro ihre eigene Nähwerkstatt eröffnet und gibt dort nun Kurse für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Mit der „Zentrale“ in der Treptower Straße 30 hat Sarah Dittrich noch mehr vor: Die alte Backstein-Remise im Hinterhaus soll Gemeinschaftsbüro mit Werkstatt-Atelier und Seminarraum für Vereine und gemeinnützige Akteure in Demmin werden. „Dort wollen wir den Vernetzungsgedanken und Informationsaustausch noch gezielter fördern. Im besten Fall entstehen hier neue Kooperationen und Projekte in der Stadt. Es darf gelernt und ausprobiert werden: Kunst, Handwerkskurse, Philosophie-Salons, Körpertherapien, vieles ist denkbar.“

Die Zukunft des Vereins ist immer auch abhängig von den aktuell laufenden Projekten mit der abhängigen Finanzierung. Ab Januar 2023 wird der T30 e.V. die Koordinationsstelle für Demokratie Leben in Demmin übernehmen. Auch das Kulturfloß auf der Peene befährt 2023 unter der Flagge des T30 e.V. wieder den Amazonas des Nordens und schippert zwischen Anklam und Kummerower See unterschiedlichste Musiker und Musikerinnen für Konzerte zu kleinen Wasserwanderrastplätzen, verwunschenen Waldgaststätten und Dorfgastronomien (https://www.t30-demmin.de/neues-projekt-kulturfloss-peene/).

Kontakt:
T30 e.V.
Treptower Str. 30
17109 Demmin
E-Mail: info@t30-demmin.de
www.t30-demmin.de